Eisfließdynamik, subglaziale Hydrologie und langzeitige Massenbilanz am Lake Vostok aus der Kombination von geodätischen GNSSMessungen und Eisradardaten

Antragsteller

Dr.-Ing. Mirko Scheinert
Technische Universität Dresden
Institut für Planetare Geodäsie
Lehrstuhl für Geodätische Erdsystemforschung

Projektbeschreibung

Das beantragte Vorhaben hat die gezielte Analyse, Interpretation und Publikation unikaler geodätischer und geophysikalischer in-situ Beobachtungsdaten in der Region des subglazialen Lake Vostok in der zentralen Ostantarktis zum Gegenstand. Diese Messdaten wurden vom Antragsteller und seinem Kooperationspartner im Rahmen von bisher neun Feldexpeditionen seit 2001 gewonnen. Auf der Grundlage wiederholter Satellitenpositionierungsbeobachtungen auf Messpunkten an der Eisoberfläche soll die Fließgeschwindigkeit und -richtung des Eises über dem subglazialen See Vostok untersucht werden. Die spezifischen Bedingungen in dieser Region schränken die Anwendbarkeit von Fernerkundungsverfahren und Eisfließmodellen empfindlich ein, so dass geodätische in-situ Beobachtungen gegenwärtig die einzige belastbare Informationsquelle darstellen. Besonderes Augenmerk wird dem Übergang zwischen aufliegendem und aufschwimmendem Eis am Seeufer gewidmet, da in diesem Bereich vorliegende Beobachtungsergebnisse gängige theoretische Vorstellungen widerlegen. Weiterhin soll die Kombination der geodätischen Messdaten mit der Geometrie interner Eisschichten Hinweise auf die Variabilität der Fließbewegung des Eises über den Vostoksee auf klimatischen Zeitskalen liefern. Außerdem werden unterschiedliche geodätische Messverfahren miteinander verknüpft, um die Beiträge der lokalen Eismassenbilanz, von Wasservolumenänderungen sowie Wasserbewegungen im subglazialen See zu beobachtbaren Höhenänderungen voneinander zu trennen und zu quantifizieren. Der größte Subglazialsee der Erde ist besonders attraktiv für die geodätische Bestimmung von Eisfließgeschwindigkeiten und Höhenänderungen. Diese Beobachtungen gewähren Einblick in die komplexen Wechselwirkungen zwischen Eis, subglazialem Wasser und Grundgestein und erlauben Rückschlüsse hinsichtlich verschiedener Prozesse im See. Darüber hinaus sind die das Eisfließregime in der Gegenwart und Vergangenheit dokumentierenden Messergebnisse entscheidend für die Interpretation des in der Station Vostok erbohrten Eiskerns. Die Ergebnisse dieses Vorhabens sollen in einem Modell der Vostok-Fließlinie zusammengeführt werden, welches für Eisproben gegebenen Alters im Kern den genauen Entstehungsort bestimmt. Damit wird zur Präzisierung der multidisziplinären Interpretation des Vostok-Eiskerns beigetragen, welche nicht nur für die unmittelbare Erforschung des Lake-Vostok-Systems, sondern auch für mannigfaltige Untersuchungen auf kontinentalen und globalen Skalen wichtig ist. Wenngleich der Schwerpunkt des Vorhabens auf der Nutzung bereits vorliegender Messdaten liegt, sollen die Feldarbeitenwährend der Projektlaufzeit fortgesetzt werden, um die Kontinuität des geodätischen Monitorings zu gewährleisten. Dieses Vorhaben wird als Kooperationsprojekt mit Dr. Sergey V. Popov (PMGE, St. Petersburg) im Rahmen des Abkommens zwischen der DFG und dem Russischen Fonds für Grundlagenforschung (RFBR) beantragt.

DFG-Verfahren: Infrastruktur-Schwerpunktprogramme

Internationaler Bezug: Antarktis, Russische Föderation

Kooperationspartner: Dr. Sergey V. Popov

Förderung von 2016 bis 2020